Der Name Ratzinger hat gerade bei den Katholiken einen hohen Stellenwert. Doch um diesen Teil der Familie geht es in diesem Artikel nicht. Es ist vielmehr sein Neffe, Rudy Ratzinger, dem Mann hinter dem Projekt :wumpscut:.
Zugegeben bei diesem Mann scheiden sich die Geister. Doch sehen wir zunächst einmal auf die Entwicklung von :wumpscut:. Wer sich in den Jahren 1989 bis 1991 in der Discothek 'Pipeline', nahe München, einfand, erlebte den DJ Rudy Ratzinger. In dieser Zeit begann er mit Synthesizern und Samplern zu experimentieren, was letztendlich 1993 zur Gründung von :wumpscut: führte. Stylistisch lässt sich die Musik von Ratzinger wohl am ehesten als Endzeit-Industrial bezeichnen, doch durch die verschiedensten Einflüsse und Songs ist eine Einordnung eigentlich kaum möglich. Tanzbare Rhythem sind bei ihm ebenso vorhanden, wie ruhige Stücke. Von Anfang an war sein Augenmerk auf Provokation ausgelegt, sei es durch Text, Musik oder Album-Artwork. Als Beispiele hierfür seien die Alben 'Music for a slaughtering tribe' (1993) oder 'Cannibal Anthem' (2006) genannt. Gespickt mit Zitaten, wie z.B. der Sportpalastrede von Josef Goebbels oder die Rede Adolf Hitlers vor der SA und SS 1936, liessen einige Songs viele Hörer verstört zurück und sorgten für heftige Diskussionen.
Der erste öffentliche Tiefschlag war für :wumpscut: der Satansmord von Witten. Ein Paar, das an einem jungen Mann einen satanischen Ritualmord verübte, berief sich bei den Aussagen mehrmals auf Ratzingers Album 'Bunkertor 7'. Ein gefundenes Fressen für die deutsche Boulevardpresse, die Ratzinger unterstellte Satanist zu sein. Ein Magazin druckte als 'Beweis' dieser Aussage ein verfälschtes Interview mit Ratzinger. Als Reaktion auf die Diffamierungen und Medienhetze produzierte er den Song 'Ruda' mit Soundsamples aus eben dieser Berichterstattung.
Für weiteres Aufsehen sorgte die Zusammenarbeit mit der Band 'Der Blutharsch', die 2001 einen Remix seines Songs 'Wreath of Barbs' worauf Ratzinger im Gegenzug 2003 als Antwort den Song 'Achtung' dieser Band remixte. Da sich Ratzinger nie vom Blutharsch-Chef Albin Julius, dem rechtsextremistische Tendenzen zum Vorwurf gemacht wurden, distanzierte, stieg in der schwarzen Szene die Kritik an :wumpscut:. Das Magazin 'Sonic Seducer' boykottiert seitdem Rudy Ratzinger und er findet in diesem Medium keine Beachtung mehr. Ratzingers Kommentar zu diesem Themenkomplex: „Wumpscut is no profascist and/or racist project/act – Free your mind for a second thought…“
2008 die nächste Verbindung eines Verbrechens zu :wumpscut:. Matti Juhanni, der sich auf youtube Wumpscut86 nannte. Der junge Berufsschüler (22) aus der westfinnischen Kleinstadt Kauhajoki, tötete bei einem Amoklauf 10 Mitschüler und anschließend sich selbst.
Unter anderem verstärkten diese Vorkomnisse die sowieso schon vorhandene Scheu von Ratzinger vor der Öffentlichkeit. Wer :wumpscut: live erleben will, der wird schnell enttäuscht sein, weil es keine Auftritte gab oder geben wird. Auch ein Interview mit Ratzinger zu bekommen gestaltet sich als äusserst schwierig. Nur schriftliche Interviews wären eine Möglichkeit und Antworten kann man nur zu Fragen bekommen, die ihm gefallen. Wer Kommentare oder Stellungnahmen zu den Vorwürfen, die ihm gemacht werden, erwartet, wird enttäuscht sein.
Alles in allem ist Rudy Ratzinger die umstrittenste Persönlichkeit der schwarzen Musikszene. Doch wer sich unvoreingenommen mit den Songs der Band auseinandersetzen will, dem sei dieses Projekt wärmstens empfohlen.